Zur Vergütung von Mehrkosten nach § 2 Abs. 5 VOB/B in Abgrenzung zu Schadensersatz- und Entschädigungsansprüchen nach § 6 Abs. 6 Satz 1 VOB/B
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Zur Vergütung von Mehrkosten nach § 2 Abs. 5 VOB/B in Abgrenzung zu Schadensersatz- und Entschädigungsansprüchen nach § 6 Abs. 6 Satz 1 VOB/B
Dr. Jörg Deutscher
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
www.ts-law.de
Leitsätze:
1. Eine Anordnung im Sinne des § 2 Abs. 5 VOB/B erfordert eine rechtsgeschäftliche Erklärung des Auftraggebers, mit der einseitig eine Änderung der Vertragspflichten des Auftragnehmers herbeigeführt werden soll (Fortführung von BGH, Urteil vom 09.04.1992 - VII ZR 129/91).
2a. Ob ein Verhalten oder eine Erklärung des Auftraggebers als Anordnung im Sinne des § 2 Abs. 5 VOB/B auszulegen ist, beurteilt sich nach §§ 133, 157 BGB.
2b. Liegt eine Störung des Vertrags aufgrund einer Behinderung vor, die faktisch zu einer Bauzeitverzögerung führt, und teilt der Auftraggeber dem Auftragnehmer den Behinderungstatbestand und die hieraus resultierende Konsequenz mit, dass die Leistungen derzeit nicht erbracht werden können, liegt nach diesem Maßstab keine Anordnung im Sinne des § 2 Abs. 5 VOB/B vor.
2c. Auch die Übermittlung von Bauablaufplänen stellt keine Anordnung des Auftraggebers im Sinne des § 2 Abs. 5 VOB/B dar, wenn mit ihnen lediglich auf behinderungsbedingte Störungen des Vertrags reagiert wird. Dies gilt auch, wenn darin im Hinblick auf die Behinderungen und die deshalb gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 1 VOB/B verlängerten Ausführungsfristen zeitliche Konkretisierungen erfolgen.
3. Der Schadensersatzanspruch des Auftragnehmers nach § 6 Abs. 6 Satz 1 VOB/B setzt voraus, dass die Bauzeitverzögerung adäquat-kausal durch hindernde Umstände verursacht worden ist, die auf der Verletzung einer vertraglichen Pflicht durch den Auftraggeber beruhen. Umstände aus der Risikosphäre des Auftraggebers, die nicht auf einer Pflichtverletzung beruhen, genügen nicht als Voraussetzung dieses Anspruchs (Bestätigung von BGH, Urteil vom 20.10.2005 - VII ZR 190/02; Urteil vom 21.10.1999 - VII ZR 185/98; Urteil vom 16.10.1997 - VII ZR 64/96).
Bundesgerichtshof, Urteil v. 19.09.2024 – VII ZR 10/24
Praxishinweis:
Die klagende Auftragnehmerin verlangt von dem öffentlichen Auftraggeber Zahlung in Höhe von € 56.729,59 wegen einer Bauzeitverlängerung. Der beklagte Auftraggeber hatte die Klägerin nach öffentlicher Ausschreibung unter Einbeziehung der VOB/B mit Leistungen des Gewerks "Starkstromanlagen an einem näher bezeichneten Bauvorhaben“ beauftragt. In den Besonderen Vertragsbedingungen des Beklagten, die Teil der Ausschreibungsunterlagen waren, waren ein Ausführungsbeginn am 19.06.2018 und eine abnahmereife Fertigstellung der Arbeiten der Klägerin am 10.01.2019 vorgesehen.
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