Zur Unwirksamkeit einer Vertragserfüllungs- und Mängelbürgschaft (§ 17 VOB/B)

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Zur Unwirksamkeit einer Vertragserfüllungs- und Mängelbürgschaft (§ 17 VOB/B)

Dr. Jörg Deutscher
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
www.ts-law.de

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Leitsätze:

1. Eine unangemessene Benachteiligung kann auch aus einer Gesamtwirkung mehrerer, jeweils für sich genommen nicht zu beanstandender Vertragsbestimmungen ergeben. Das ist etwa der Fall, wenn sich aus den vom Auftraggeber gestellten formularmäßigen Vertragsbestimmungen eines Bauvertrags – für sich genommen oder in ihrem Zusammenwirken – ergibt, dass der Auftragnehmer als Vertragspartner des Verwenders für einen nicht unerheblichen Zeitraum über die Abnahme hinaus wegen möglicher Mängelansprüche des Auftraggebers eine Sicherheit leisten muss, die jedenfalls nicht unwesentlich über 5% der Auftragssumme liegt.
2. Eine solche, der Höhe nach unangemessene Sicherheit kann sich dabei insbesondere daraus ergeben, dass nach dem Klauselwerk eine Sicherheit für die Vertragserfüllung, die auch nach Abnahme bestehende Mängelansprüche des Auftraggebers sichern soll, noch längere Zeit nach Abnahme nicht zurückgegeben werden muss, während zugleich eine Sicherheit für Mängelansprüche verlangt werden kann, so dass es zu einer Überschneidung der beiden Sicherheiten kommt und dem Auftraggeber für etwaige Mängelansprüche sowohl die Sicherheit für die Vertragserfüllung als auch die Sicherheit für Mängelansprüche zur Verfügung steht.

OLG Stuttgart, Urteil v. 25.04.2024 – 13 U 97/23

Praxishinweis:

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit von Bestimmungen zur Gestellung von Sicherheiten in einem Bauvertrag über die schlüsselfertige Erstellung eines Bauvorhabens, das aus zwei Gebäuden mit insgesamt 52 Wohnungen, Freianlagen und Tiefgarage besteht. Der Vertrag sieht neben einer Vertragserfüllungssicherheit über 5 % der Brutto-Vertragssumme, die auch Abnahmemängel sichert, auch eine 5%ige Sicherheit für Mängelansprüche vor. Die Schlusszahlung erfolgt abzüglich des 5%igen Einbehalts für Mängelansprüche erst nach Abnahme und Stellung einer prüfbaren Rechnung. Zudem setzt die Abnahme die Übergabe diverser baubezogener Unterlagen voraus. Die Sicherungsabrede regelt weiter. Dass die Rückgabe der Vertragserfüllungsbürgschaft u. a. erst nach Abnahme und Vorlage einer prüfbaren Schlussrechnung erfolgen muss. Die beiden Beklagten werden als Bürgen der insolventen Generalunternehmerin vom klagenden Auftraggeber auf Zahlung von insgesamt 406.097,00 Euro aus Vertragserfüllungsbürgschaften in Anspruch genommen. Das Landgericht Stuttgart hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin blieb ohne Erfolg. Die Beklagten können der Inanspruchnahme aus den von ihnen übernommenen Bürgschaften nach Auffassung des OLG Stuttgart gemäß §§ 768 Abs. 1 Satz 1, 812, 821 BGB die Einrede entgegenhalten, die Generalunternehmerin habe die Bürgschaften ohne rechtlichen Grund gestellt.
 

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