Zur Bekanntmachung von Eignungskriterien und Nachweisen in der Auftragsbekanntmachung durch Verlinkung

Zur Bekanntmachung von Eignungskriterien und Nachweisen in der Auftragsbekanntmachung durch Verlinkung
Beschluss des OLG Düsseldorf – Verg 24/18 vom 11. Juli 2018

Ein in der Auftragsbekanntmachung enthaltener Link, mit dem auf die Auftragsunterlagen insgesamt verwiesen wird, kann die Mitteilung der Eignungskriterien und der geforderten Nachweise in der Auftragsbekanntmachung nicht ersetzen.

Gleichermaßen unzureichend ist ein Link, der zwar zu den aufgestellten Eignungsanforderungen und Nachweisen führt, sich jedoch an einer Stelle der Auftragsbekanntmachung befindet, an der er von den interessierten Unternehmen übersehen werden kann.

Ausreichend für die Bekanntmachung der Eignungsanforderungen ist die Verlinkung an der richtigen Stelle der Vergabebekanntmachung auf ein Dokument, aus dem sich ohne weitere Sichtung die Eignungsanforderungen und die zu erbringenden Nachweise erschließen.

Kann auf Eignungsanforderungen nicht verzichtet werden, ist bei einer fehlerhaften Bekanntmachung eine neue Auftragsbekanntmachung zu veranlassen.

Die fehlerhafte Bekanntmachung der Eignungsanforderungen durch Verlinkung auf die Vergabeunterlagen insgesamt ist ein schwerwiegender und offenkundiger Verstoß, der ein Aufgreifen von Amts wegen rechtfertigt.

In der Entscheidung des OLG Düsseldorf ging es unter anderem um die Frage, ob ein in der Auftragsbekanntmachung enthaltener Link, mit dem gebührenfrei ein uneingeschränkter und vollständiger direkter Zugang zu den Auftragsunterlagen ermöglicht wird, den Anforderungen an ein vergabekonformes Verfahren genügt.

Sachverhalt:
Dem zugrunde lag eine europaweite Ausschreibung eines Auftrags zur Ausführung von Dachdecker- und Klempnerarbeiten im offenen Verfahren. Zu den Eignungskriterien für die wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit war in der Auftragsbekanntmachung ein Link angegeben, unter dem die Auftragsunterlagen für einen uneingeschränkten und vollständigen direkten Zugang gebührenfrei zur Verfügung standen. Der angegebene Link führte zu den Auftragsunterlagen. Diese enthielten im Anhang zur Aufforderung zur Abgabe eines Angebots unter anderem ein Beiblatt mit Eignungsanforderungen und eine Auflistung. Danach war zum Nachweis der wirtschaftlichen und finanziellen Leistungsfähigkeit unter anderem ein Nachweis des Mindestumsatzes je Kalenderjahr in den letzten drei Kalenderjahren beizubringen.

Das Angebot des Antragstellers, das unter anderem bereits Angaben zu Umsatzzahlen enthielt, lag preislich auf dem ersten Rang vor der Beigeladenen.

Nachdem der Auftraggeber dem Antragsteller mitgeteilt hatte, dass sein Angebot unter anderem die Mindestanforderungen an den Jahresumsatz der letzten drei Jahre nicht erfülle und ihm deswegen der Zuschlag nicht erteilt werden könne, rügte der Antragsteller dies und beantragte die Nachprüfung.

Gegen die Zurückweisung des Nachprüfungsantrags durch die Vergabekammer wandte sich der Antragsteller mit der sofortigen Beschwerde mit Erfolg.

Aus den Gründen:
Nach Ansicht des OLG ist der Nachprüfungsantrag begründet. Der Ausschluss des Angebots des Antragstellers gemäß § 122 GWB in Verbindung mit § 16b EU VOB/A wegen Nichterfüllung der Mindestanforderungen an die wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit sei nicht berechtigt. Zwar habe der Antragsteller den geforderten Mindestumsatz je Kalenderjahr in den letzten drei Kalenderjahren vor Angebotsabgabe nicht erreicht. Hierauf dürfe der Angebotsausschluss jedoch nicht gestützt werden. Denn Eignungskriterien müssten in der Auftragsbekanntmachung, der Vorinformation oder der Aufforderung zur Interessensbestätigung aufgeführt werden (vergleiche § 122 Abs. 4 Satz 2 GWB) und Angaben zu den geforderten Nachweisen enthalten (vergleiche § 12 EU Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 VOB/A).

Daran fehlt es im Streitfall, so der Senat. Den in der Auftragsbekanntmachung zur wirtschaftlichen und finanziellen Leistungsfähigkeit aufgeführten Angaben ließen sich Vorgaben zum Mindestumsatz und den hierzu geforderten Nachweisen nicht entnehmen. Der in der Auftragsbekanntmachung enthaltene Link, der gebührenfrei einen uneingeschränkten und vollständigen direkten Zugang zu den Auftragsunterlagen ermögliche, könne die Mitteilung der Eignungskriterien und der geforderten Nachweise in der Auftragsbekanntmachung nicht ersetzen.

Für die Vergabe von Bauleistungen erfolge die Auftragsbekanntmachung mit Standardformularen, die die Informationen nach Anhang V Teil C der Richtlinie 2014/24/EU enthielten, vergleiche § 12 EU Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 VOB/A. Dazu gehörten die Liste und Kurzbeschreibung der die persönliche Lage der Wirtschaftsteilnehmer betreffenden Kriterien, die zu deren Ausschluss führen können, sowie die Eignungskriterien, etwaige einzuhaltende Mindeststandards und die Angabe der Informationserfordernisse (Eigenerklärungen, Unterlagen).

Bereits unter Geltung der Vorgängerrichtlinie 2004/18/EG sei anerkannt gewesen, dass Eignungskriterien nur wirksam aufgestellt und die entsprechenden Nachweise nur wirksam gefordert worden seien, wenn sie in der Auftragsbekanntmachung aufgeführt seien. Zulässig seien lediglich noch Konkretisierungen, beispielsweise hinsichtlich des Zeitpunktes der Vorlage der Nachweise. Uneinigkeit bestehe allerdings noch immer hinsichtlich der Frage, ob sämtliche Eignungskriterien und Nachweise unmittelbar und vollständig in der Auftragsbekanntmachung aufgeführt werden müssten oder ob – und gegebenenfalls in welcher Weise – auf die Vergabeunterlagen verwiesen werden dürfe.

Der Senat hat es in der Vergangenheit bereits für unzulässig erachtet, wenn der Auftraggeber in der Auftragsbekanntmachung hinsichtlich der vorzulegenden Eignungsunterlagen lediglich auf die Vergabeunterlagen verweist. Demgegenüber erachtet das OLG einen Link auf das Formblatt Eigenerklärung zur Eignung, aus dem sich die Eignungsanforderungen ergeben, als ausreichend, sofern am Auftrag interessierte Unternehmen durch bloßes Anklicken zu dem Formblatt gelangen könnten.

An dieser Rechtsprechung hält der Senat auch unter Geltung des neuen Rechts fest. Er lässt es nicht genügen, wenn in der Auftragsbekanntmachung oder der Aufforderung zur Interessensbestätigung eine elektronische Adresse angegeben ist, über die die Vergabeunterlagen uneingeschränkt, unentgeltlich, vollständig und direkt abgerufen werden können.

Der Wortlaut des Art. 58 Abs. 5 Richtlinie 2014/24/EU, des § 122 Abs. 4 Satz 2 GWB, des § 48 Abs. 1 VgV und des § 12 EU Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 VOB/A in Verbindung mit Anhang V Teil C der Richtlinie 2014/24/EU sei jeweils eindeutig. Danach seien die geforderten Eignungskriterien und/oder Nachweise bereits in der Auftragsbekanntmachung anzugeben. Sinn und Zweck der Regelungen sei es, dass potenzielle Bewerber/Bieter bereits aus der Auftragsbekanntmachung die in persönlicher und wirtschaftlicher Hinsicht gestellten Anforderungen ersehen können, um anhand dieser Angaben zu entscheiden, ob sie sich an der Ausschreibung beteiligen können und wollen.

Der bloße Verweis in der Auftragsbekanntmachung auf die Vergabeunterlagen oder auf „Eignungskriterien gemäß Auftragsunterlagen“ erfülle diesen Zweck nicht und sei unzulässig. Ebenso wenig genüge ein Link auf die Vergabeunterlagen als Ganzes. Gleichermaßen unzureichend sei ein Link, der zwar zu den aufgestellten Eignungsanforderungen und Nachweisen führe, sich jedoch an einer Stelle der Auftragsbekanntmachung befinde, an der er von potenziellen Bietern oder Bewerbern übersehen werden könne.

Praktische Auswirkungen:
Das OLG warnt vor erheblichen Folgen für das Vergabeverfahren, wenn die erforderlichen Angaben in der Auftragsbekanntmachung fehlen: Seien die Eignungsanforderungen nicht wirksam aufgestellt und die Nachweise nicht wirksam gefordert worden, stelle dies einen schwerwiegenden Mangel dar, der in der Regel eine Rückversetzung des Vergabeverfahrens erfordere. Könne auf Eignungsanforderungen nicht verzichtet werden, komme man um eine neue Auftragsbekanntmachung nicht herum.

(Quelle: VOBaktuell Heft 2/2019
Ass. jur. Anja Mundt)