Zu den Anforderungen an eine konkret bauablaufbezogene Darstellung bei Ansprüchen aus § 6 Abs. 6 VOB/B und § 642 BGB
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Zu den Anforderungen an eine konkret bauablaufbezogene Darstellung bei Ansprüchen aus § 6 Abs. 6 VOB/B und § 642 BGB
Dr. Jörg Deutscher
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
www.ts-law.de
Leitsätze:
1. Ein Entschädigungsanspruch aus § 642 BGB ist konkret bauablaufbezogen darzulegen. Das gilt nur dann nicht, wenn der Anspruch anders nachvollzogen werden kann.
2. Bei der konkreten bauablaufbezogenen Darstellung sind die tatsächlichen Ist- und geplanten Soll-Abläufe gegenüberzustellen. Dabei ist jede Veränderung vom ursprünglichen bis zum letzten endgültigen Ablaufplan zu betrachten und auszuwerten. Jede konkrete Behinderung bzw. zeitliche Veränderung ist separat im Hinblick auf die Ursache und die jeweils konkreten Auswirkungen zu beurteilen und darzulegen. Der jeweils gewonnene Ist-Plan ist als neuer Soll-Plan für die Betrachtung der nächsten Veränderungen zugrunde zu legen.
3. Darzulegen ist, wie der Auftragnehmer den Bauablauf tatsächlich geplant hatte, das heißt, welche Teilleistungen er in welcher Zeit herstellen wollte und wie der Arbeitskräfteeinsatz erfolgen sollte. Dem ist der tatsächliche Bauablauf gegenüberzustellen und die einzelnen Behinderungstatbestände aufzuführen sowie deren tatsächliche Auswirkungen auf den Bauablauf zu erläutern.
LG Frankfurt/Main, Urteil v. 20.12.2024 – 2-31 O 156/24
Praxishinweis:
Der öffentliche Auftraggeber (Beklagte) und der Auftragnehmer (Klägerin) schlossen einen VOB/B-Bauvertrag über Sanierungsleistungen für die Heizungstechnik in einem Objekt, das in dem Gebiet des Auftraggebers belegen ist.
Mit E-Mail vom 11.10.2023 fragte die Vergabestelle der Beklagten bei der Klägerin an, ob diese ein Angebot abgeben möchte. Der E-Mail waren ein Leistungsverzeichnis und ein Plan vom 10.10.2023 für die Bauzeiten beigefügt. Es war in der E-Mail hinterlegt: "Ein von uns erstellter grober Terminplan liegt dem Schreiben bei. Als Starttermin für die Ausführung haben wir zurzeit Ende Januar/ Anfang Februar angesetzt. Sollte dies bei Ihnen nicht möglich sein, bitten wir - bei Interesse - um Angabe, ab wann sie frühestens mit den Arbeiten beginnen können. In Abstimmung mit der Bauherrschaft sind hier Verschiebungen/Anpassungen möglich. Die Arbeiten inkl. Inbetriebnahme der neuen Anlagen sollen jedoch vor Beginn der Heizperiode 2024 (Mitte/Ende September 2024) abgeschlossen sein (fester Endtermin)." Die Klägerin machte sodann ein Angebot über € 393.214,01, das die Beklagte mit Schreiben vom 21.01.2024 annahm.
Es kam dann in der Folge zu verschiedenen Umständen, die eine ungehinderte Durchführung der Leistungen nicht möglich machten, wobei die einzelnen Umstände und Auswirkungen der Störsachverhalte streitig waren. Für während des vereinbarten Bauablaufs eingetretenen Störungen und deren wirtschaftliche Folgen forderte die Klägerin vom der Beklagten Ersatz der Mehrkosten wegen der Störungen im Bauablauf. Die Klägerin berechnete insgesamt für die Verzögerungen Mehrkosten (behaupteter Gewinn, baustillstandsbezogene allgemeine Geschäftskosten und baustillstandsbezogene Baustellengemeinkosten). Ferner ermittelte die Klägerin erhöhte Einheitspreise sowie weitere Vorhaltekosten. Die Beklagte lehnte dies alles ab. Im Prozess vertrat die Klägerin die Auffassung, dass der dargelegte Anspruch ausreichend substantiiert gewesen und eine konkrete bauablaufbezogene Darstellung nicht notwendig gewesen sei, da die Störsachverhalte unstreitig gewesen seien.
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