Voraussetzungen von Sicherheiten für Vergütungsansprüche

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Voraussetzungen von Sicherheiten für Vergütungsansprüche
Beschluss des Kammergerichts – 27 W 1054/20 – vom 5. Januar 2021

Leitsätze:
1. Dem Architekten steht gemäß §§ 650q, 650e Abs. 1 S. 1 BGB unabhängig vom Baubeginn und damit unabhängig von einer eingetretenen Wertsteigerung des Grundstücks dem Grunde nach ein Anspruch auf Eintragung einer Bauhandwerkersicherungshypothek zur Sicherung seines Honoraranspruchs zu (entgegen OLG Celle, Urteil vom 06.02.2020 – 14 U 160/19, ZfBR 2020, 367, Rn. 38).

2. Im Falle der vorzeitigen Beendigung des Architektenvertrages (hier durch berechtigte Kündigung seitens des AN) ist der Sicherungsanspruch jedoch der Höhe nach gemäß §§ 650q, 650e Abs. 1 S. 2 BGB auf den Honoraranspruch für die bis zur Kündigung erbrachten Leistungen begrenzt; ein Anspruch auf Sicherung des „großen Kündigungsschadens“ insgesamt, mithin auch des Honoraranspruchs wegen der nicht erbrachten Leistungen besteht nicht (vgl. KG, Urteil vom 24.07.2018 – 7 U 134/17 – juris, Rn. 14; entgegen OLG Düsseldorf, Beschluss vom 30.11.2006 – 22 U 83/06 – juris, Rn. 51).

Für den Anspruch eines Architekten auf Einräumung einer Sicherungshypothek nach § 650e BGB ist es nicht entscheidend, ob der Bauherr bereits mit der Umsetzung der Planung begonnen hat. Denn der Anspruch des Architekten hängt nach dem Urteil des Kammergerichts nicht davon ab, dass es durch seine Planungsleistungen zu einer Werterhöhung des Grundstücks gekommen ist. Dies gilt jedenfalls für Verträge, die nach neuem Recht abgeschlossen worden sind.

Sachverhalt:
Die Bauherrin ist als Eigentümerin eines Grundstücks in Berlin eingetragen. Zum Zeitpunkt der Beauftragung des Architekten lagen bereits zwei von einem früher tätig gewordenen Architekturbüro erwirkte Baugenehmigungen vor, aus dem Jahr 2015 und aus dem Jahr 2018. Die Bauherrin begann mit den Bauarbeiten auf dem Grundstück auf der Grundlage dieser Baugenehmigungen im Jahr 2018. Die Auftraggeberin änderte ihre Vorstellungen und beauftragte den hiesigen Architekten mit einer neuen Planung eines höherwertigen Gebäudes mit Kosten in Höhe von ca. 80 Millionen € über der bisherigen Planung. Mit Architektenvertrag vom 18.10.2019 beauftragte die Bauherrin den Architekten mit der Objektplanung, Leistungen der HOAI-Leistungsphasen 1 bis 7 zu einem Pauschalhonorar von 3.570.000,00 €. Mit Schreiben vom 26.03.2020 forderte der Architekt die Bauherrin zur Übergabe der Bestätigung der Banken betreffend die Finanzierung der neuen Planung, zur Einzahlung der von den bisherigen Abschlagszahlungen einbehaltenen Barsicherheit auf ein Sperrkonto sowie zur Stellung einer Sicherheit nach §§ 650a Abs. 1, 650f Abs. 1 BGB über 3.102.000,00 € bis zum 02.04.2020 auf und drohte für den Fall des fruchtlosen Fristablaufs die Kündigung an. Diese Frist verlängerte der Architekt bis zum 07.04.2020. Mit Schreiben vom 08.04.2020 erklärte er die Kündigung des Vertrages aus wichtigem Grund und wegen der nicht übergebenen Sicherheit. Mit Schreiben vom 14.04.2020 kündigte die Bauherrin ihrerseits den Vertrag. Die Schlussrechnung vom 11.08.2020 weist einen Restvergütungsanspruch in Höhe von 2.687.980,34 € aus. Der Architekt gibt die Leistungsphasen 1 und 2 als vollständig erbracht, die Leistungsphase 3 zu 60 %, die Leistungsphase 4 zu ca. 63 % und die Leistungsphase 5 zu ca. 3 % als erbracht an. Er beantragt im Wege der einstweiligen Verfügung ihm auf dem Grundstück der Auftraggeberin eine Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs auf Einräumung einer Sicherungshypothek gemäß §§ 650q, 650e BGB für seine Forderungen aus dem Architektenvertrag in Höhe des Restvergütungsanspruchs aus der Schlussrechnung einzutragen.

Das Landgericht Berlin hat den Antrag mit der Begründung zurückgewiesen, dass dem Architekten der Sicherungsanspruch nicht zustehe, weil sich seine bis zur Kündigung des Architektenvertrages erbrachten Planungsleistungen nicht im Bauwerk verkörpert und damit nicht zu einer Wertsteigerung des Grundstücks geführt hätten. Gegen diesen Beschluss wendet sich der Architekt mit der sofortigen Beschwerde.

Aus den Gründen:
Entgegen der Ansicht des Landgerichts steht dem Architekten wegen seiner Honorarforderung aus dem Architektenvertrag ein Anspruch auf Eintragung einer Bauhandwerkersicherungshypothek aus §§ 650q, 650e Abs. 1 S. 1 BGB zu, den er im Wege der einstweiligen Verfügung durch Eintragung einer Vormerkung gemäß §§ 883 Abs. 1, 885 Abs. 1 BGB, §§ 935 ff. ZPO sichern kann. Soweit das Landgericht einen Anspruch des Architekten auf Sicherung des Honoraranspruchs durch eine Bauhandwerkersicherungshypothek mit dem Hinweis verneint habe, dass sich das planerische Werk des Architekten bis dato nicht in dem Bauwerk auf dem in Anspruch genommenen Grundstück verkörpert hat, folgt der Senat ihm nicht. Das Kammergericht weist zur Begründung darauf hin, dass sowohl die vom Landgericht zitierte Rechtsprechung als auch die in angegebenen Literaturstellen überwiegend die alte Rechtslage vor Einführung des Bauvertragsrechtsreformgesetzes betreffen, die im Hinblick auf die Neufassung der §§ 650q und 650e BGB zum 01.01.2018 so nicht weiter aufrechterhalten werden könne.

Nach § 648 BGB a. F. konnte der Unternehmer eines Bauwerks zur Sicherung der Forderung aus dem Werkvertrag die Eintragung einer Sicherungshypothek auf dem Baugrundstück des Bestellers erlangen. Auf der Grundlage der hierzu entwickelten Rechtsprechung bestand dieser Anspruch jedoch nur, wenn und soweit sich die Werkleistung, für die Sicherung über eine Bauhandwerkersicherungshypothek begehrt wurde, bereits werterhöhend auf das Haftungsgrundstück ausgewirkt hatte. Auch Architekten wurden als Unternehmer eines Bauwerks im Sinne des § 648 BGB angesehen, wobei ihnen im Hinblick auf die vorzitierte Rechtsprechung ein Anspruch auf Einräumung einer Bauhandwerkersicherungshypothek zugebilligt wurde, sobald ihr geistiges Werk eine Verkörperung in dem Bauwerk erfahren und somit zu einer Wertsteigerung beigetragen hatte. Maßgeblich war damit jeweils der Beginn der Baumaßnahmen.

Im Rahmen des zum 01.01.2018 in Kraft getretenen Bauvertragsrechtsreformgesetzes hat der Gesetzgeber durch den neu geschaffenen Untertitel für Architekten und Ingenieure und die darin enthaltene Verweisungsnorm des § 650q BGB die frühere Rechtsprechung insoweit normiert, als dem Architekten nunmehr kraft Gesetzes ein Anspruch auf Einräumung einer Bauhandwerkersicherungshypothek zusteht, dessen Voraussetzungen sich nach § 650e BGB richten. Soweit das Landgericht u. a. unter Hinweis auf Rechtsprechung und Literatur davon ausgeht, dass auch nach Einführung des Bauvertragsrechtsreformgesetzes weiterhin die Einschränkung gelte, dass der Sicherungsanspruch davon abhängt, dass mit der Bauausführung bereits begonnen wurde und sich somit der Wert der erbrachten Leistung im Bauwerk verkörpert hat, folgt das Kammergericht ihm nicht. 

Damit ist gemäß § 650e S. 1 BGB einzige Voraussetzung für den Anspruch auf Einräumung einer Bauhandwerkersicherungshypothek, dass der Architekt sie für „seine Forderungen aus dem Vertrag“ begehrt, so das Kammergericht. Selbst die Regelung in § 650e S. 2 BGB knüpfe nur an die geleistete Arbeit und damit an den für die zu sichernde Forderung erbrachten Gegenwert an, nicht aber an eine bereits eingetretene Wertsteigerung des Grundstücks. Dies ergebe sich auch aus der Verweisungsnorm des § 650q BGB, der keinen Anhaltspunkt dafür erkennen lässt, dass der Architekt, der seine Planungsleistungen im Regelfall vor Beginn der Bauarbeiten zu erfüllen hat, schlechter gestellt werden soll, als der nach ihm beginnende Bauhandwerker.

Setzte damit die Absicherung der Vergütungsansprüche der Architekten durch eine Bauhandwerkersicherungshypothek jedenfalls nach der Neuregelung des Bauvertragsrechts keine entsprechende Wertsteigerung des Grundstücks mehr voraus, bedeute dies zugleich, dass auch solche Ansprüche durch eine Bauhandwerkersicherungshypothek abgesichert werden können, denen bereits nach ihrer Struktur eine Wertsteigerung nicht gegenüberstehen kann. 

Vorliegend hat der Architekt den Architektenvertrag mit Schreiben vom 08.04.2020 wirksam gemäß §§ 650q, 650f Abs. 1 und Abs. 5 S. 1 BGB gekündigt. Denn die Bauherrin hatte innerhalb der ihr mit Schreiben vom 26.03.2020 gesetzten und mit E-Mail vom 31.03.2020 bis zum 07.04.2020 verlängerten Frist den Anspruch auf Beibringung einer Bauhandwerkersicherung gemäß § 650f Abs. 1 BGB nicht erfüllt. Die der Auftraggeberin mit Schreiben bzw. E-Mail vom 26.03.2020 gesetzte Frist zur Erbringung der Sicherheit gemäß § 650f Abs. 1 BGB war auch angemessen im Sinne des § 650f Abs. 5 S. 1 BGB, so das Kammergericht. Dies sei der Fall, wenn die Frist so bemessen ist, dass dem Besteller die Beschaffung der Sicherheit ohne schuldhaftes Verzögern möglich ist. Ohne schuldhaftes Zögern handele ein Besteller dann, wenn er die Beschaffung der Sicherheit so weit wie möglich beschleunigt, weshalb nach der Vorstellung des Gesetzgebers in der Regel eine Frist von sieben bis zehn Tagen ausreichend ist. Da die der Auftraggeberin vorliegend insgesamt bewilligte Frist 12 Tage betrug, war diese nicht zu beanstanden, sondern angemessen.

Die Höhe, in der der Architekt die gemäß § 650f Abs. 1 BGB zu stellende Sicherheit gefordert hatte, entsprach der Differenz zwischen der vereinbarten Pauschalvergütung und den geleisteten Abschlagszahlungen und war von daher nicht zu beanstanden. Ein weitergehender Anspruch des Architekten auf Sicherung seines Anspruchs hinsichtlich der nicht erbrachten Leistungen bestand hingegen nicht. Letztlich hätte sich die Auftraggeberin aber auch nicht darauf berufen können, dass der Architekt ein überhöhtes Sicherungsverlangen ausgesprochen hatte. Vielmehr hätte es in einem solchen Fall der Auftraggeberin oblegen, eine Sicherheit zumindest in angemessener Höhe anzubieten.

Im Ergebnis konnte der Architekt wegen seiner Honorarforderung aus dem Architektenvertrag die Eintragung einer Bauhandwerkersicherungshypothek aus §§ 650q, 650e Abs. 1 S. 1 BGB, die er im Wege der einstweiligen Verfügung durch Eintragung einer Vormerkung gemäß §§ 883 Abs. 1, 885 Abs. 1 BGB, §§ 935 ff. ZPO sichern ließ, beantragen, so das Kammergericht abschließend.

Anmerkung:
Diese Entscheidung des Kammergerichts erhöht die Sicherungsmöglichkeiten für Architekten, aber natürlich auch für ausführende Bauunternehmen, erheblich. Wurde bislang an dem Erfordernis des ungeschriebenen Tatbestandsmerkmals der Wertsteigerung festgehalten, hat das Kammergericht dieser Rechtsprechung, an der hingegen das OLG Celle mit seinem Urteil vom 06.02.2020 festgehalten hat, eine Absage erteilt. Das Kammergericht stellt insbesondere darauf ab, dass sich in der Gesetzesbegründung keine Anhaltspunkte dafür finden, dass der Gesetzgeber der Werterhöhungstheorie (weiterhin) folgen wollte. Damit ist gemäß § 650e S. 1 BGB einzige Voraussetzung für den Anspruch auf Einräumung einer Bauhandwerkersicherungshypothek, dass der Architekt sie für „seine Forderungen aus dem Vertrag begehrt“. Die Regelung des § 650e S. 2 BGB knüpft damit nach Auffassung des Kammergerichts nur an die geleistete Arbeit und damit an den für die zu sichernde Forderung erbrachten Gegenwert an, nicht aber an eine bereits eingetretene
Wertsteigerung des Grundstücks.

(Quelle: VOBaktuell Heft III/2021
RA Dr. Philipp Mesenburg und RÄ Dunja Salmen)