Verjährungsbeginn der Bauhandwerkersicherung nach § 650f BGB

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Verjährungsbeginn der Bauhandwerkersicherung nach § 650f BGB
Urteil des BGH – VII ZR 245/23 – vom 21. November 2024

Leitsatz:
Die dreijährige Verjährungsfrist des Anspruchs auf Stellung einer Bauhandwerkersicherung nach § 648a Abs. 1 Satz 1 BGB (in der Fassung vom 23. Oktober 2008) beginnt in entsprechender Anwendung von § 604 Abs. 5, § 695 Satz 2, § 696 Satz 3 BGB taggenau mit dem Verlangen des Unternehmers nach Sicherheit.

Der BGH hat entschieden, dass die dreijährige Verjährungsfrist des Anspruchs auf Stellung einer Bauhandwerkersicherung taggenau mit dem Verlangen des Unternehmers beginnt. Zudem beginnt die Verjährung des Anspruchs auf Stellung einer Bauhandwerkersicherung nur in der Höhe, wie sie verlangt worden ist.

Sachverhalt
Die Klägerin verlangt von der Beklagten die Stellung einer Bauhandwerkersicherung in Höhe von 4.318.313,55 €.

Die Beklagte beauftragte die Klägerin mit Generalplanervertrag vom 12. Oktober 2015 mit der Erbringung von Planungsleistungen zum Umbau einer bestehenden Büro- und Gewerbebebauung.

Mit der Beklagten am 15. Oktober 2018 zugegangenem Schreiben vom selben Tag forderte die Klägerin die Beklagte – im Ergebnis erfolglos – auf, eine Bauhandwerkersicherung nach § 648a Abs. 1 Satz 1 BGB (in der Fassung vom 23. Oktober 2008) in Höhe von 1.443.590,21 € zu stellen. Ende Oktober 2018 kündigte die Beklagte den Vertrag wegen vermeintlicher Pflichtverletzungen der Klägerin fristlos aus wichtigem Grund.

Unter dem 14. Juni 2021 legte die Klägerin ihre Schlussrechnung. Gleichzeitig forderte sie die Beklagte zur Stellung einer Bauhandwerkersicherung in Höhe von insgesamt 3.594.000 € auf. Die Beklagte stellte weder die geforderte Sicherheit noch leistete sie Zahlungen auf die Schlussrechnung.

Mit der am 25. November 2021 bei Gericht eingegangenen Klage verlangt die Klägerin von den Beklagten die Stellung einer Bauhandwerkersicherung in Höhe von insgesamt 4.318.313,55 €. Die Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht das landgerichtliche Urteil aufgehoben und die Beklagte antragsgemäß zur Sicherheitsleistung nach ihrer Wahl in Höhe von 4.318.313,55 € verurteilt. Mit der vom Senat zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des klageabweisenden landgerichtlichen Urteils.

Aus den Gründen
Die Revision der Beklagten hat teilweise Erfolg.

Rechtsfehlerhaft habe das Berufungsgericht angenommen, der geltend gemachte Anspruch sei in vollem Umfang durchsetzbar und die Beklagte sei nicht berechtigt, die Sicherheitsleistung wegen Eintritts der Verjährung ganz oder auch nur teilweise zu verweigern.

Zutreffend sei allerdings der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, dass der Anspruch gemäß § 648a Abs. 1 Satz 1 BGB (jetzt § 650f Abs. 1 Satz 1 BGB), wonach der Unternehmer unter den dort geregelten Voraussetzungen vom Besteller eine Sicherheitsleistung in Höhe der vereinbarten Vergütung verlangen könne, in der regelmäßigen – dreijährigen – Verjährungsfrist nach § 195 BGB verjähre. Anders als die Revisionserwiderung meine, handele es sich bei diesem Sicherungsanspruch nicht um einen Anspruch auf Begründung eines Rechts an einem Grundstück, für den nach § 196 BGB eine zehnjährige Verjährungsfrist gelte. Der Besteller könne den Sicherungsanspruch zwar durch die Bestellung einer Hypothek an einem inländischen Grundstück erfüllen. Der Unternehmer habe aber keinen Anspruch auf eine bestimmte Sicherheit. Vielmehr habe der Besteller die Wahl, die Sicherheit entweder nach Maßgabe von § 232 BGB oder in Gestalt eines Sicherungsmittels gemäß § 648a Abs. 2 BGB zu stellen.

Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts beginne die dreijährige Verjährungsfrist des Anspruchs auf Stellung einer Bauhandwerkersicherung nach § 648a Abs. 1 Satz 1 BGB taggenau mit dem Verlangen des Unternehmers nach Sicherheit. Das folge aus der entsprechenden Anwendung von § 604 Abs. 5, § 695 Satz 2, § 696 Satz 3 BGB auf diesen Anspruch. Die Vorschrift des § 199 Abs. 1 BGB, wonach die regelmäßige Verjährungsfrist, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt sei, mit dem Schluss des Jahres beginne, in dem der Anspruch entstanden sei und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen Kenntnis erlange oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsse, finde daher keine Anwendung.

Bei dem Anspruch nach § 648a Abs. 1 Satz 1 BGB handele es sich um einen sogenannten verhaltenen Anspruch. Kennzeichnend für einen derartigen Anspruch sei zum einen, dass der Schuldner die Leistung nicht bewirken dürfe, bevor der Gläubiger sie verlange. Ein weiteres Merkmal eines verhaltenen Anspruchs sei zum anderen, dass seine Entstehung und das Verlangen des Gläubigers nach Leistung zeitlich auseinanderfallen (könnten), weswegen – abstrakt – die Gefahr einer als unbillig empfundenen Anspruchsverjährung bestehe. Beides treffe auf den Anspruch aus § 648a Abs. 1 Satz 1 BGB zu.

Ausgehend von diesen Grundsätzen hätte das Berufungsgericht nicht annehmen dürfen, dass die Erhebung der unter dem 25. Oktober 2021 anhängig gemachten Klage die Verjährung des Sicherungsanspruchs gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB insgesamt noch rechtzeitig innerhalb der dreijährigen Verjährungsfrist gehemmt habe, nachdem die Klägerin bereits am 15. Oktober 2018 erstmalig Sicherheit verlangt hatte.

Die Klägerin könne von der Beklagten die Stellung einer Bauhandwerkersicherung nach § 648a Abs. 1 Satz 1 BGB in Höhe von 2.874.723,34 € verlangen. Im weitergehenden Umfang von 1.443.590,21 € seien die Beklagten berechtigt, die Sicherheitsleistung wegen Eintritts der Verjährung zu verweigern. Die Verjährung des Anspruchs auf Bauhandwerkersicherung nach § 648a Abs. 1 Satz 1 BGB beginne nur in der jeweils geforderten Sicherheitshöhe taggenau mit Geltendmachung zu laufen, nicht jedoch einheitlich auch für die Sicherung der übrigen vereinbarten und noch nicht gezahlten Vergütung. Die Verjährungsfrist beginne nur in der Höhe zu laufen, in der die Sicherheit verlangt werde. Dies folge aus dem Wesen des Anspruchs auf Stellung einer Bauhandwerkersicherung als verhaltenem Anspruch. Nicht nur das „Ob“, sondern auch die Höhe der verlangten Sicherheit stehe innerhalb der Grenzen von § 648a Abs. 1 Satz 1 BGB im Belieben des Unternehmers. Wäre der Unternehmer allein wegen drohender Verjährung gehalten, die Sicherheit in voller Höhe geltend zu machen und gegebenenfalls einzuklagen, würde dies den Interessen der Beteiligten nicht gerecht werden.

Gemessen daran sei Verjährung des streitgegenständlichen Anspruchs nur in Höhe des ersten Sicherungsverlangens vom 15. Oktober 2018 eingetreten, also in Höhe eines Betrags von 1.443.590,21 €. Bei der gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB zur Anspruchshemmung führenden Erhebung der unter dem 25. Oktober 2021 anhängig gemachten Klage sei die dreijährige Verjährungsfrist insoweit bereits abgelaufen gewesen. Im weitergehenden Umfang von 2.874.723,34 € sei hingegen die Verjährung rechtzeitig durch Klageerhebung gehemmt worden, da die Klägerin die Sicherheit insoweit erst mit dem zweiten Sicherungsverlangen vom 14. Juni 2021 beziehungsweise mit der Klage selbst geltend gemacht habe.

Anmerkung
Das Urteil des BGH bringt Klarheit zu der Frage, wann und in welcher Höhe die Verjährung auf Stellung einer Bauhandwerkersicherung nach § 650f BGB eintritt. Der BGH hat sich für einen taggenauen und damit unterjährigen Beginn der dreijährigen Verjährungsfrist entschieden. Zudem beginnt die Verjährung des Anspruchs auf Stellung einer Bauhandwerkersicherung nur in der Höhe, wie sie verlangt worden ist. Der BGH führt selbst aus, dass es diverse Gründe geben kann, warum die Sicherheit nicht zur selben Zeit in voller Höhe verlangt wird. So kann dies im Hinblick auf die Aktuelle Bonität des Bestellers nicht erforderlich sein, die Kosten der Sicherheit sollen gering gehalten werden oder das auf Kooperation angelegte Verhältnis der Bauvertragsparteien soll durch Geltendmachung der vollen Sicherheit nicht belastet werden. Die Entscheidung ist von erheblicher praktischer Relevanz. Auftragnehmer sollten daher stets im Blick haben, wann und in welcher Höhe sie die Bauhandwerkersicherung verlangt haben. Im Ergebnis stärkt die Entscheidung die Rechtssicherheit der Bauhandwerkersicherung zu Gunsten der Auftragnehmer.

(Quelle: VOBaktuell Heft I/2025
RA Dr. Philipp Mesenburg / RA Christian Schostag)