Vergabe von Tiefbauarbeiten als Pauschalvertrag
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Vergabe von Tiefbauarbeiten als Pauschalvertrag?
Beschluss der Vergabekammer Sachsen-Anhalt – 3 VK LSA 06/20 vom 19. März 2020*)
Gemäß § 4 Abs. 1 VOB/A sind Bauleistungen so zu vergeben, dass die Vergütung nach Leistung bemessen wird. In der Regel werden die Bauleistungen zu Einheitspreisen für technisch und wirtschaftlich einheitliche Teilleistungen, deren Menge nach Maß, Gewicht oder Stückzahl vom Auftraggeber in den Vertragsunterlagen anzugeben ist, vergeben. In geeigneten Fällen erfolgt eine Vergabe für eine Pauschalsumme, wenn die Leistung nach Ausführungsart und Umfang genau bestimmt ist und mit einer Änderung bei der Ausführung nicht zu rechnen ist.
(Amtlicher Leitsatz)
In dem Verfahren vor der Vergabekammer Sachsen-Anhalt ging es u. a. um die Frage, ob Tiefbauarbeiten als Pauschalvertrag vergeben werden dürfen.
Sachverhalt:
Die Auftraggeberin schrieb unterhalb der EU-Schwellenwerte Rohbauarbeiten inklusive Tiefbauarbeiten für den Neubau des Technischen Rathauses im Wege einer Öffentlichen Ausschreibung auf Grundlage der VOB/A aus. Das Angebot der Antragstellerin belegte preislich den ersten Platz. Die Auftraggeberin beabsichtigte, den Zuschlag auf das Pauschalangebot eines Mitbewerbers zu erteilen.
Dies rügte die Antragstellerin. Sie ist der Ansicht, die Vergabe von Bauleistungen im Rahmen eines Pauschalvertrages nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 VOB/A sei nur in geeigneten Fällen möglich, nämlich, wenn die Leistung nach Ausführungsart und Umfang genau bestimmt und nicht mit einer Änderung der Ausführung zu rechnen sei. Diese Voraussetzungen seien vorliegend nicht gegeben. Bei Rohbauarbeiten, die u. a. auch Tiefbauarbeiten enthielten, sei mit unerwarteten Baugrundverhältnissen und damit Auswirkungen auf die auszuführenden Leistungen und Mengen zu rechnen. Die Voraussetzungen für den Abschluss eines Pauschalvertrages seien damit regelmäßig nicht erfüllt.
Die 3. Vergabekammer des Landes Sachsen-Anhalt gibt der Antragstellerin recht.
Aus den Gründen:
Sie erachtet den Nachprüfungsantrag der Antragstellerin für begründet, da die Antragstellerin in ihren Rechten i. S. v. § 19 Abs. 2 Satz 4 LVG LSA verletzt sei.
Das Angebot des Mitbewerbers sei von der Wertung auszuschließen, weil das Vergabeverfahren gegen § 4 Abs. 1 VOB/A verstoße.
Gemäß § 4 Abs. 1 VOB/A müssten Bauleistungen so vergeben werden, dass die Vergütung nach Leistung bemessen wird. In der Regel werden die Bauleistungen zu Einheitspreisen für technisch und wirtschaftlich einheitliche Teilleistungen, deren Menge nach Maß, Gewicht oder Stückzahl vom Auftraggeber in den Vertragsunterlagen anzugeben ist, vergeben. Ist die Leistung nach Ausführungsart und Umfang genau bestimmt und mit einer Änderung bei der Ausführung nicht zu rechnen, könne auch für eine Pauschalsumme vergeben werden.
Bei einem solchen Pauschalvertrag müssten alle wesentlichen Gesichtspunkte, die Gegenstand des Leistungsverzeichnisses und Grundlage der Kalkulation des Bieters seien, genau definiert sein. Darüber hinaus dürfe nach Vertragsschluss nicht mit einer Änderung der Ausführungsart und/oder des Leistungsumfangs zu rechnen sein.
Die Voraussetzungen für den Abschluss eines Pauschalvertrages sieht die Vergabekammer hier nicht erfüllt: Vorliegend habe die Auftraggeberin die Rohbauarbeiten für den Bau ihres Technischen Rathauses ausgeschrieben. Ein Bestandteil des Leistungsverzeichnisses seien Tiefbauarbeiten für das Gebäude gewesen. Gerade bei diesen müsse jedoch mit unerwarteten Baugrundverhältnissen, die Auswirkungen auf die Ausführungsart oder den Leistungsumfang haben, gerechnet werden.
Praktische Auswirkungen:
Für Tiefbauarbeiten darf nach Ansicht der VK Sachsen-Anhalt kein Pauschalvertrag geschlossen werden, weil mit unerwarteten Baugrundverhältnissen zu rechnen ist, die die Ausführungsart und/oder den Leistungsumfang ändern können.
(Quelle: VOBaktuell Heft I/2021
Ass. jur. Anja Mundt)