Unwirksame AGB-Klausel über eine Gewährleistungsbürgschaft

AGB-Klausel eines BGB-Bauvertrages über eine Gewährleistungsbürgschaft bei unangemessener Benachteiligung des Vertragspartners unwirksam

Oliver Wichmann
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht,
TSP Theißen Stollhoff & Partner Rechtsanwaltsgesellschaft, Berlin

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Leitsatz:

a) Die in Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Bestellers eines Bauvertrages enthaltene Klausel über eine Gewährleistungsbürgschaft „Die Bürgschaft ist zurückzugeben, wenn alle unter die Gewährleistungsfrist fallenden Gewährleistungsansprüche nicht mehr geltend gemacht werden können” benachteiligt den Unternehmer unangemessen und ist daher unwirksam.

b) Bei Vereinbarung einer Gewährleistungsbürgschaft als Sicherheit für die vertragsgemäße und mängelfreie Ausführung der Leistungen hat der Besteller regelmäßig nach Ablauf der vereinbarten Frist eine Bürgschaft insoweit freizugeben, als zu diesem Zeitpunkt keine durchsetzbaren Gewährleistungsansprüche bestehen.

Urteil des Bundesgerichtshofs vom 26.03.2015 – VII ZR 92/14

Praxishinweis:

Verwendet der Besteller eines BGB-Bauvertrages die in Ziff. a) des Leitsatzes näher bezeichnete Klausel, so stellt dies eine gemäß §§ 307 BGB ff. zur Nichtigkeit der gesamten Klausel führende, unangemessene Benachteiligung des Auftragnehmers dar. Nach Auffassung des BGH darf die Rückgabe der Bürgschaft insgesamt nicht davon abhängig gemacht werden, dass überhaupt keine Gewährleistungsansprüche mehr geltend gemacht werden können. Vielmehr hätte – so der BGH – die Klausel derart formuliert werden müssen, dass diese jedenfalls eine teilweise Enthaftung und damit verbunden eine teilweise Freigabe der Gewährleistungsbürgschaft für solche Teile des Werks vorsieht, bezüglich derer keine durchsetzbaren Gewährleistungsansprüche mehr bestehen. Die unangemessene Benachteiligung besteht darin, dass etwa ein ganz geringer berechtigter Mängelgewährleistungsanspruch im Wert von € 1.000,00 ausreichend wäre, um eine Bürgschaft in Höhe von nahezu € 1.000.000,00 zurückzuhalten. Dies würde zu entsprechend hohen Belastungen des Auftragnehmers führen, weil ein Bürge regelmäßig sowohl die Avalkosten als auch die Kreditlinie des Auftragnehmers danach berechnet, bis zu welchem Höchstbetrag er sich verbürgt hat. Dem steht – so der BGH – allenfalls das Interesse des Auftraggebers gegenüber, den Auftragnehmer mit der Zurückhaltung der (höheren) Bürgschaft zur Erfüllung des berechtigten Anspruchs besonders unter Druck setzen zu können. Der BGH hat in seiner Entscheidung offen gelassen, ob ein solches Interesse des Bestellers überhaupt anerkennenswert und schutzwürdig sein kann. Jedenfalls bei einem groben Missverhältnis zwischen dem berechtigten Anspruch und den entstehenden Nachteilen für den Auftragnehmer wird dieser hierdurch entgegen Treu und Glauben unangemessen benachteiligt, weil es dem allgemeinen Grundsatz entspricht, dass auch die Durchsetzung bestehender Rechte nicht ohne Rücksicht auf die Belange des Schuldners erfolgen und im Einzelfall als Ausprägung von Treu und Glauben beschränkt sein kann.


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