Schlüssige Darstellung der Sicherungshöhe bei § 650f BGB

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Schlüssige Darstellung der Sicherungshöhe bei § 650f BGB
Urteil des BGH – VII ZR 228/22 – vom 17. August 2023

Leitsatz
1. Im Fall einer Kündigung eines Bauvertrags gem. § 650f V BGB reicht grundsätzlich der schlüssige Vortrag des Unternehmers zur Höhe der Vergütung gem. § 650f V 2 BGB aus, um hiernach die Höhe einer geforderten Sicherheit gem. § 650f I BGB zu bemessen.

2. Ein Abzug bei der Höhe der Sicherheit unter Anwendung von § 287 II ZPO kommt nicht in Betracht.

Der BGH hat mit seiner Entscheidung vom 17. August 2023 bekräftigt, dass im Falle der Kündigung eines Bauvertrags gem. § 650f V BGB grundsätzlich der schlüssige Vortrag des Auftragnehmers zur Höhe der Vergütung gem. § 650f V 2 BGB ausreicht, um die Höhe einer geforderten Sicherheit gem. § 650f I BGB zu bemessen.

Sachverhalt
Die Klägerin verlangte von der Beklagten die Stellung einer Sicherheit für eine Werklohnforderung.

Auf einem Teil ihres Grundstücks wollte die Beklagte ein Gemeindezentrum errichten. Hiermit beauftragte sie die Klägerin mit Vertrag vom 26./27.09.2020. Im September/Oktober 2020 begann die Klägerin mit den Arbeiten und stellte der Beklagten sukzessive prozentuale Abschläge auf ihre Vergütung in Rechnung.

Erstmals mit Schreiben vom 04.03.2021 forderte die Klägerin die Beklagte unter Fristsetzung auf, ihr eine Sicherheit gem. § 650f BGB i. H. v. rund 4,671 Mio. EUR zu leisten. Nach erfolglosem Ablauf der Frist und weiteren Fristsetzungen sowie einer Erhöhung ihrer Sicherheitenforderung auf rund 5,021 Mio. EUR stellte die Klägerin ihre Leistungen ein.

Am 29.04.2021 hat sie die vorliegende, auf eine (Teil-) Sicherheitsleistung von 2,0 Mio. EUR gerichtete Klage eingereicht. Im Rahmen ihrer Klageerwiderung hat die Beklagte die Kündigung des Bauvertrags aus wichtigem Grund erklärt. Mit Schreiben vom selben Tag hat auch die Klägerin die Kündigung des Bauvertrags gem. § 650f V BGB erklärt. In der Folgezeit hat sie eine Abrechnung ihres Vergütungsanspruchs unter Berücksichtigung der nunmehr erklärten Kündigungen vorgelegt.

Das Landgericht hat die Beklagte unter Abweisung der weitergehenden Klage zur Leistung einer Sicherheit i. H. v. 1.240.407,54 EUR verurteilt. Auf die Berufung der Beklagten hat das Kammergericht lediglich die Höhe der zu leistenden Sicherheit herabgesetzt.

Mit der Revision begehrte die Beklagte weiterhin die Klageabweisung. Die Revision der Beklagten war unbegründet.

Aus den Gründen
Rechtsfehlerfrei sei das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass dem Sicherungsanspruch nicht mehr die ursprüngliche vertragliche Vergütung, sondern unter Berücksichtigung der unstreitig erfolgten Kündigungserklärungen eine Vergütung gem. § 650f V 2 BGB zugrunde zu legen sei.

Die Kündigungserklärung der Klägerin gem. § 650f V 1 Fall 2 BGB habe keinen Einfluss auf den Anspruch auf Sicherheit gem. § 650f I BGB dem Grunde nach, der (weiterhin) der Sicherung des Anspruchs auf die vereinbarte und nicht gezahlte Vergütung diene. Auf dieser Grundlage erweise sich die Höhe der Sicherheit, zu deren Leistung das Berufungsgericht die Beklagte verurteilt habe, im Ergebnis nicht zu ihren Lasten als rechtsfehlerhaft.

Allerdings habe das Berufungsgericht rechtsfehlerhaft angenommen, es sei, wenn im Rahmen einer Sicherungsklage gem. § 650f I BGB die Höhe der Unternehmervergütung zwischen den Parteien umstritten sei, zulässig und in aller Regel auch geboten, dass das Gericht die Sicherheitsleistung, zu der es den Besteller verurteile, in freier Überzeugung gem. § 287 II ZPO festsetze. Ein Abzug bei der Höhe der Sicherheit unter Anwendung von § 287 II ZPO komme nicht in Betracht.

Nach der Rechtsprechung des Senats reiche es für den Fall einer Kündigung des Vertrags aus, dass der hieran angepasste Vortrag des Unternehmers zur Höhe der Vergütung schlüssig sei, um hiernach die Höhe der geforderten Sicherung zu bemessen. Einen – streitigen – Abzug von der schlüssig dargelegten Vergütungsforderung ausnahmsweise nach Maßgabe von § 286 ZPO festzustellen, ohne dass damit der Rechtsstreit verzögert werde, bleibe unberührt; für die Anwendung von § 287 II ZPO sei daher kein Raum.

Anmerkung
Das Urteil des BGH bekräftigt seine Auffassung, dass für die Höhe der zu stellenden Vergütungssicherheit bei § 650f BGB eines gekündigten Bauvertrages grundsätzlich nur die schlüssige Darlegung der Höhe der Vergütung durch den Auftragnehmer ist. Weder eine Beweisaufnahme noch eine gerichtliche Schätzung waren vorzunehmen. Der Auftragnehmer muss sich jedoch dasjenige anrechnen lassen, was er infolge der Aufhebung des Vertrages an Aufwendungen erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwirbt oder böswillig zu erwerben unterlässt, vgl. § 650f IV 2 BGB. Der BGH hat im Übrigen auch unter Hinweis auf § 650f I 4 BGB eine von der Beklagten geltend gemachte Gegenforderung bei der Berechnung der Vergütung unberücksichtigt gelassen. Die Entscheidung stärkt damit die Rechtsposition von Auftragnehmern, da sie bei der Bauhandwerkersicherung unverändert eine schnelle und effektive Sicherheit erlangen können.

(Quelle: VOBaktuell Heft II/2024
RA Dr. Philipp Mesenburg / RA Christian Schostag)