Mangelhaftigkeit der Bauleistung auch bei Einhaltung der einschlägigen DIN-Normen möglich

Vorschau-Bild: © Daniel Jedzura  / shutterstock 

Mangelhaftigkeit der Bauleistung auch bei Einhaltung der einschlägigen DIN-Normen möglich

Dr. Jörg Deutscher
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
www.ts-law.de

TSP-Logo-mbB

Leitsatz:

Die Mangelfreiheit eines Werks kann nicht allein daraus abgeleitet werden, dass bestimmte DIN eingehalten werden. Ein Mangel liegt nicht nur dann vor, wenn das Werk nicht den Regeln der Technik entspricht, sondern auch, wenn es sich nicht zum vertragsgemäßen Zweck eignet, unabhängig davon, ob die anerkannten Regeln der Technik eingehalten worden sind (unter Hinweis auf BGH, Urteil vom 20.04.1989 - VII ZR 80/88.).

OLG Celle, Urteil v. 18.05.2022 – 14 U 180/21

Praxishinweis:

Die Auftraggeberin, eine Privatperson, beauftragte den Auftragnehmer mit der Ausführung von Erd-, Pflaster- und Bauarbeiten zur Erstellung eines barrierefreien Zugangs für Rollstuhlfahrer, weil sie aufgrund ihrer Pflegebedürftigkeit nicht mehr in der Lage war, die Terrasse und den Garten des eigenen Grundstücks zu erreichen. Da die Auftraggeberin nach Abschluss der Arbeiten die Zahlung der vereinbarten Vergütung verweigerte, nahm der Auftragnehmer die Auftraggeberin gerichtlich auf Zahlung des Werklohns in Anspruch. Die Parteien streiten über die geschuldete Soll-Beschaffenheit einer barrierefreien Zuwegung für Rollstuhlfahrer. Die Auftraggeberin monierte, dass die Rampe für Rollstuhlfahrer zu steil sei und zudem Radabweiser und ein Geländer mit Handlauf fehlen. Der Auftragnehmer verteidigte seinen Werklohnanspruch damit, dass die betreffenden technischen Regelwerke nur für öffentlich zugängliche Gebäude gelten. Eine behindertengerechte Anlage sei nicht vereinbart und eine Befahrbarkeit mit einem Rollstuhl nicht zugesichert worden. Im Übrigen sei die Rampe sowohl mit einem Rollstuhl als auch mit einem Rollator befahrbar.

Der Auftragnehmer erhielt vom OLG dem Grunde nach Recht. Allerdings wies das OLG darauf hin, dass der Auftragnehmer die Ausführung einer barrierefreien, also behindertengerechten Rampe für Rollstuhlfahrer schuldete und die vereinbarte Vergütung nur dann in voller Höhe verlangen kann, wenn die Rampe für Rollstuhlfahrer nutzbar ist. Zur vereinbarten Beschaffenheit gehören alle Eigenschaften, die nach der Vereinbarung der Parteien den vertraglich geschuldeten Erfolg herbeiführen sollen, wobei die berechtigte Erwartungshaltung des Bestellers an die Werkleistung zu berücksichtigen ist. Die Mangelfreiheit eines Werkes kann nicht allein daraus abgeleitet werden, dass bestimmte DIN eingehalten werden.

Sie möchten diesen Artikel weiterlesen, dann melden Sie sich bitte mit Ihren Zugangsdaten an. Sie haben noch keine Zugangsdaten? Dann können Sie sich hier registrieren.