Verjährungsfrist für Bauhandwerkersicherung

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Verjährungsfrist für Bauhandwerkersicherung
Urteil des Bundesgerichtshofs – VII ZR 94/20 – vom 25. März 2021

Leitsatz:
Die Verjährungsfrist des Anspruchs auf Stellung einer Bauhandwerkersicherung nach § 648a Abs. 1 Satz 1 BGB i. d. F. vom 23.10.2008 [jetzt § 650f Abs. 1 Satz 1 BGB] beginnt nicht vor dem Verlangen des Unternehmers nach Sicherheit.

Der Bundesgerichtshof hat in einer aktuellen Entscheidung die bislang umstrittene Frage geklärt, wann die Verjährungsfrist des Anspruchs auf Stellung einer Bauhandwerkersicherung nach § 650f BGB (§ 648a BGB a. F.) beginnt.

Sachverhalt:
Die Beklagte beauftragte die Klägerin im Jahr 2013 mit der Erbringung von Rohbauarbeiten für die Errichtung eines Mehrfamilienhauses. Nach Abnahme ihrer Arbeiten legte die Klägerin im Juli 2014 ihre Schlussrechnung. Die Auftraggeberin, die bis dahin Abschlagszahlungen in Höhe des knapp hälftigen Schlussrechnungsbetrages geleistet hatte, kürzte die Schlussrechnungssumme. Eine über die von ihr erbrachten
Abschlagszahlungen hinausgehende Zahlung auf die Werklohnforderung der Klägerin lehnte sie unter anderem gestützt auf die Behauptung mangelhafter Leistungen ab. Die Klägerin erhob daraufhin im Jahr 2015 gegen die Auftraggeberin Klage auf Zahlung restlicher Vergütung. Noch während der Anhängigkeit dieses Rechtsstreits forderte sie im Oktober 2018 von der Auftraggeberin die Stellung einer Bauhandwerkersicherung in Höhe der noch offenen Vergütung.

Die von der Klägerin erhobene Klage auf Leistung der Bauhandwerkersicherung hat das Landgericht wegen Verjährung abgewiesen. Gegen diese Entscheidung hat die Unternehmerin Berufung eingelegt, und das Berufungsgericht hat die Auftraggeberin zur Leistung der geforderten Sicherheit verurteilt. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils und somit die Abweisung der Klage auf Leistung einer Sicherheit.

Aus den Gründen:
Der Bundesgerichtshof hat der Auftragnehmerin den Anspruch auf Leistung einer Sicherheit gemäß § 650f BGB (§ 648a BGB a. F.) zugesprochen. Der Senat ist der Auffassung, dass der Sicherungsanspruch nicht verjährt ist. Bei dem Anspruch aus § 650f BGB (§ 648a BGB a. F.) handele es sich um einen sogenannten verhaltenen Anspruch, der erst mit seiner Geltendmachung entstehe. Kennzeichnend für einen verhaltenen Anspruch ist, dass der Schuldner die Leistung nicht bewirken darf, bevor der Gläubiger sie verlangt. Da der Unternehmer dem Besteller die üblichen Kosten einer Sicherheit zu erstatten habe, könne der Besteller dem Unternehmer eine Sicherheit nicht aufdrängen. Er müsse vielmehr abwarten, bis der Unternehmer eine solche fordere. Ob der Unternehmer die Kostenlast und gegebenenfalls ab welchem Zeitpunkt auf sich nehmen möchte, müsse seiner Disposition überlassen bleiben. Dies zeige, dass der Besteller dem Unternehmer eine Sicherheit nicht ohne dessen Aufforderung „aufdrängen“ kann und darf. Hinzu komme, dass der Unternehmer vor einer Leistung des Bestellers die Höhe bestimmen muss, in der dieser Sicherheit leisten soll.

Der Ansatz, dass der Anspruch erst mit seiner Geltendmachung fällig werde, diene dem auf Kooperation ausgerichteten Miteinander der Parteien und verhindere eine frühzeitige, nur aus Verjährungsgründen erfolgte Geltendmachung und Anspruchsverfolgung. Wenn der Anspruch auf Sicherheit erst mit Geltendmachung der Sicherheit entstehe, beginne folglich die dreijährige Verjährungsfrist auch erst mit Ende des Jahres zu laufen, in dem das Sicherungsverlangen erstmals gestellt werde. Danach verjähre der Anspruch auf Leistung einer Sicherheit in der regelmäßigen – dreijährigen – Verjährungsfrist nach § 195 BGB.

Unschädlich für die Wirksamkeit des Sicherungsverlangens sei auch, falls der Unternehmer neben seinem Sicherungsinteresse auch den Zweck verfolge, die Sicherheit als „Druckmittel“ in dem Prozess um die Werklohnforderung einzusetzen. Die Ausübung eines Rechts könne zwar rechtsmissbräuchlich und nach § 242 BGB unzulässig sein. Erforderlich sei hierfür, dass der Ausübung des Rechts kein schutzwürdiges Eigeninteresse des Ausübenden zugrunde liegt, sondern sie als Vorwand dient, um vertragsfremde oder unlautere Zwecke zu erreichen. Im Zusammenhang mit dem Verlangen nach Stellung einer Bauhandwerkersicherung sei bei der Beurteilung aber zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber dem Unternehmer die Möglichkeit eröffnen wollte, möglichst schnell und effektiv vom Besteller eine Sicherheit für die vereinbarte und nicht gezahlte Vergütung zu erlangen und der Unternehmer diesen Anspruch auch nach Vertragsschluss jederzeit geltend machen kann, unabhängig davon, ob sich die Parteien in einer streitigen Auseinandersetzung befinden. Dementsprechend stelle es weder eine unzulässige Rechtsausübung noch einen Verstoß gegen das bauvertragliche Kooperationsgebot dar, wenn dem Sicherungsverlangen des Unternehmers auch andere Motive als die bloße Erlangung einer Sicherheit zugrunde liegen, so der Bundesgerichtshof abschließend.

Im Ergebnis kann nach Auffassung des Bundesgerichtshofs der Unternehmer von dem Besteller die Stellung einer Bauhandwerkersicherung verlangen; dies auch wie vorliegend noch 3 Jahre nach der Abnahme der Werkleistung. Anmerkung: Es ist erfreulich, dass der Bundesgerichtshof in dieser bislang umstrittenen Frage Klarheit geschaffen hat, sodass nunmehr feststeht, dass die Verjährung erst mit der Geltendmachung des Sicherungsverlangens beginnt. Dies gibt dem Unternehmer mehr Zeit, die Situation zu bewerten und zu entscheiden, ob er z. B. nach Abnahme, wenn der Besteller die Schlussrechnung nicht bezahlt, eine Bauhandwerkersicherung verlangt und so seinen Anspruch absichert. Denn der Unternehmer kann erst durch nachträgliche Entwicklungen
(Verschlechterung der Bonität des Bestellers, Belastung des Vertragsverhältnisses durch Streitigkeiten) dazu veranlasst werden, eine Sicherheit zu fordern.

Zu beachten ist hierbei jedoch, dass bei verhaltenen Ansprüchen die Verjährungsfrist bereits mit dem Erfüllungsverlangen beginnt. Dies ist abweichend zu sonstigen Ansprüchen, bei denen die regelmäßige Verjährungsfrist mit dem Schluss des Jahres beginnt (31. Dezember), in dem der Anspruch entstanden ist. Bei dem Anspruch auf eine Bauhandwerkersicherung beginnt die Verjährung hingegen mit dem Tag des Sicherungsverlangens.

(Quelle: VOBaktuell Heft III/2021
RA Dr. Philipp Mesenburg und RÄ Dunja Salmen)