§ 4 Abs. 7 VOB/B nicht AGB-widrig

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§ 4 Abs. 7 VOB/B nicht AGB-widrig
Urteil des Oberlandesgerichts Koblenz – 4 U 1282/17 – vom 28. Juli 2020
Beschluss des Bundesgerichtshofs – VII ZR 136/20 – vom 24. März 2021 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)

Leitsätze:
1. Wird die Leistung erst ab einer Auftragssumme von 10.000 Euro förmlich abgenommen, liegt darin ein Eingriff in die VOB/B, sodass sie nicht mehr als Ganzes vereinbart ist.

2. Die Klausel des § 4 Abs. 7 VOB/B, wonach der Auftraggeber den Bauvertrag kündigen kann, wenn die Leistung mangelhaft ist und der Auftragnehmer seiner Pflicht zur Mängelbeseitigung nicht innerhalb einer angemessenen Frist nachkommt, hält einer isolierten AGB-Kontrolle stand und ist wirksam.

Nach § 4 Abs. 7 VOB/B kann der Auftraggeber den Bauvertrag kündigen, wenn die Leistung des Auftragnehmers mangelhaft ist und dieser seiner Pflicht zur Mängelbeseitigung nicht innerhalb einer angemessenen Frist nachkommt. Die Vorschrift hält einer isolierten AGB-Kontrolle stand und ist wirksam.

Sachverhalt:
Die Klägerin beauftragte die Beklagten auf Grundlage der VOB/B mit dem Umbau und der Erweiterung eines Lebensmittelmarktes. Der Bauvertrag enthielt zusätzliche Vertragsbedingungen, nach denen die förmliche Abnahme erst ab einer Auftragssumme von 10.000 Euro möglich ist.

Nach teilweiser Fertigstellung der Arbeiten nahm die Klägerin einen Teil der Leistungen unter Vorbehalt diverser Mängel ab. Nach mehreren erfolglosen Aufforderungen zur Mängelbeseitigung sowie der Androhung der Auftragsentziehung kündigte die Klägerin den Auftrag gemäß § 4 Abs. 7 VOB/B.

Die Beklagten bestreiten die Wirksamkeit der Kündigung. Die VOB/B sei nicht als Ganzes vereinbart worden, da die zusätzlichen Vertragsbedingungen Abweichungen enthielten. § 4 Abs. 7 Satz 3 VOB/B sei bei isolierter Inhaltskontrolle unwirksam, weshalb die Kündigung nicht auf diese Vorschrift gestützt werden könne.

Aus den Gründen:
Das OLG Koblenz hält die von der Klägerin ausgesprochene Kündigung für wirksam.

Zunächst stellt das OLG Koblenz fest, dass die VOB/B aufgrund der geregelten Wertgrenze zur förmlichen Abnahme nicht als Ganzes vereinbart ist, da hiermit eine Abweichung von § 12 Abs. 4 Nr. 1 Satz 1 VOB/B einhergehe. Die Vorschrift setze für die förmliche Abnahme unabhängig von der Auftragssumme nur das Verlangen einer Vertragspartei voraus. Deshalb sei die Regelung des § 4 Abs. 7 Satz 3 VOB/B einer Inhaltskontrolle gemäß § 307 BGB zu unterziehen. 

Dieser Wirksamkeitskontrolle halte § 4 Abs. 7 Satz 3 VOB/B stand, da die Regelung die Beklagten als Vertragspartner nicht unangemessen benachteilige.

Zwar habe der Auftraggeber vor Abnahme keine Mängelrechte. Dies ändere jedoch nichts daran, dass der Auftragnehmer auch vor Abnahme ein mangelfreies Werk schulde und erkannte Mängel bereits im Rahmen seiner vertraglichen Erfüllungspflicht vor Abnahme beseitigen müsse.

Auch werde die Dispositionsfreiheit des Auftragnehmers durch die Vorschrift nicht unangemessen eingeschränkt, da ihm weiterhin die Art der Mängelbeseitigung überlassen bleibe. Zudem müsse der Auftraggeber eine angemessene Frist setzen und die Kündigung androhen.

Auch sei, gerade bei größeren Baumaßnahmen, eine frühzeitige Mängelbeseitigung noch vor Abnahme sinnvoll, weshalb die Regelung des § 4 Abs. 7 VOB/B den Besonderheiten des Bauens besser gerecht werde als die gesetzliche Regelung. Daher benachteilige die in § 4 Abs. 7 Satz 3 VOB/B vorgesehene Kündigungsmöglichkeit nach angemessener Fristsetzung und Kündigungsandrohung den Auftragnehmer nicht unangemessen.

Im Übrigen hält das Gericht die erfolgte Teilabnahme mit Blick auf die Kündigung für unschädlich. Eine Kündigung wegen Mängeln, die zum abgenommenen Teil des Gesamtwerks gehören, sei möglich. Zwar sei richtig, dass mit der Teilabnahme das Erfüllungsstadium ende und die Abnahmewirkungen für den abgenommenen Teil eintreten. Jedoch befinde sich der Vertrag insgesamt noch in der Ausführungsphase. In diesem Stadium sei § 4 Abs. 7 Satz 3 VOB/B uneingeschränkt anwendbar. Dies gebiete vor allem der Schutz des Vertrauens des Auftraggebers in die Vertragstreue des Auftragnehmers. Das Vertrauen sei enttäuscht, wenn der Auftragnehmer die Mängelbeseitigung unterlasse, obwohl er die Mängel erkenne.

Anmerkung:
Mit der Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde billigt der Bundesgerichtshof die Entscheidung des OLG Koblenz. Die Regelung des § 4 Abs. 7 VOB/B findet in der Praxis somit auch dann Anwendung, wenn die VOB/B, wie in den allermeisten Fällen, nicht als Ganzes, sondern mit Abweichungen in zusätzlichen Vertragsbedingungen des Auftraggebers vereinbart wird.

(Quelle: VOBaktuell Heft IV/2021
RA Dr. Philipp Mesenburg)